Vertreter des senegalesischen Aussenministeriums zu Gast bei Babakar
Dass das Leben ausschließlich in der Gegenwart stattfindet und Planung eher sekundär ist, ist ein wesentlicher Teil senegalesicher Lebensrealität. Wie sehr, davon gab mir das senegalesische
Aussenministerium eine besondere Kostprobe.
Am Mittwochabend, den 09.01.2019 bekam Babakar weit nach 20 Uhr einen Anruf vom Gouverneur von Kaffrine, ob der Saal für Freitagvormittag, den 11.01. vom Aussenministerium gemietet werden könne.
Es sollte eine Reunion für ehemalige Migranten aus der Region Kaffrine ausgerichtet werden. 40 Gäste wurden erwartet, wobei weder dem Gouverneur noch Babakar klar war, wie binnen eines Tages 40
Männer mit einer Migrationsgeschichte informiert werden sollten.
Babakar plante jedenfalls 40 Essen, um die Gelegenheit zu nutzen, um den Saal über Mund zu Mund Propaganda bekannt zu machen.
Ab Donnerstag hatten die Frauen in der Küche alle Hände voll zu tun, denn am Donnerstag war ein grosser Geburtstag zur nächtlichen Stunde auszurichten und am Freitagmorgen musste dann der Saal
für die grosse Reunion umgeräumt werden und 50 Essen bereitet werden. Die Männer regelten die benötigte Technik schon am Vorabend. Es lief alles wie am Schnürchen,
Um 8.00 Uhr begann das große Umräumen und gegen 10 Uhr füllte sich der Saal. Mit deutscher Gründlichkeit zählte ich die Gäste 25. Und in der Küche war die doppelte Menge an Essen in
Vorbereitung.I ch beschloss, nicht weiter darüber nachzudenken und die Frauen beim Schälen und Schneiden von Zwiebeln und Knoblauch zu unterstützen.
Plötzlich schoss Babakar in die Küche: „Uta, Fotos!“ Ich nahm mein Handy und war nicht wenig verblüfft, das mindestens 40 Männer mit einer Migrationsgeschichte den Saal füllte. Eine Mitarbeiterin
des Außenministeriums und ich waren die einzigen anwesenden Frauen.
Jeder der Anwesenden stellte sich kurz den drei Mitarbeitern des Außenministeriums vor, mit Namen, dem Migrationland und der Länge des dortigen Aufenhalts. „..Italien , 3 Jahre, ...Lybien
5 Jahre, ...Ägypten 6 Jahre, ...Spanien 10 Jahre, ...Deutschland 2 Jahre.
Leise fragte ich Babakar, was jetzt eigentlich der Grund für diese Versammlung sei. Babakar meinte, er verstehe meine Frage, aber er hätte auch keine Antwort.
In der Pause machte Babakar mich mit Samba Diof bekannt, der in der Region Kaffrine das Reintegrationsbüro leitet. Wir kamen ins Gespräch und in diesem klärte sich, was das Anliegen der
Verammlung war.
Von der GIZ Deutschland (Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) sollten ab 2020 individuelle Rückkehrprojekte gefördert werden, u.a. über Kreditvergabe, bei denen der
Zinssatz von 7 % weit unter dem im Senegal üblichen Zinssatz von mindestens 35 % bei Kreditvergabe liegen wird. 2019 sollte in den einzelnen Regionen die Strukturen für diese
wirtschaftliche Unterstützung aus Deutschland gelegt werden, Anträge eingereicht werden, um dann 2020 an die Umsetzung von Projekten zu gehen.
Drei Stationen hatte diese erste Reise, um das Programm der GIZ bekannt zu machen und ehemalige Migranten der Regionen Fatikh, Kaolack und Kaffrine jeweils in einer Versammlung zu informieren.
Ich staunte nicht schlecht, als mir der junge Mann erzählte, dass die dritte Station und somit der dritte Tag der Reise erst nach der ersten Versammlung in Fatikh auf dem Weg nach Kaolack ins
Hotel arrangiert wurde.
Und es hat funktioniert, auch wenn meine Erwartung, wie eine offizielle Regierungskommission plant, an der senegaleischen Realität wie eine Seifenblase platzte und mir vor
Augen führte, das unser Weg, das Leben und die Arbeit vorzuplanen auch nur ein Weg von vielen anderen möglichen ist.